DEPRESSION WEGEN KINDERWUNSCH


Ich bin aktuell 24 Jahre alt und mir war schon immer klar, dass ich relativ jung Mutter werden möchte.
Durch den Diabetes weiß man bereits, dass man immer viel Planen muss und das spontane Aktionen
meistens eher nicht realisierbar sind. Das Thema Schwangerschaft in Kombination mit Diabetes ist ein
ganz besonderes Thema für mich, womit ich mich viel zu früh schon viel zu verrückt gemacht habe ...
 

Kleine Einleitung: ich wollte schon immer jung Mutter werden, aber hatte mir nie Gedanken um ein Alter oder generell um das Thema Diabetes und Schwangerschaft  gemacht - mir war nur bewusst, dass dies am besten geplant sein sollte ... Meine Mama bekam mich mit 21 Jahren und meine Großeltern waren zu dem Zeitpunkt gerade mal Anfang 40. Ich habe es geliebt! Meine Großeltern waren jung genug um mit mir alles machen zu können. Da meine Mutter alleinerziehend war, verbrachte ich viel Zeit mit Ihnen. War ich Krank ist meine Oma mit mir zum Arzt gegangen und hat mich gesund gepflegt, ich habe jedes Jahr dort ein paar Wochen meiner Sommerferien verbracht und dank meines Opas bin ich heute eine gute Kartenspielerin :)  Somit habe ich mir immer gesagt, dass ich mir das auch für meine Kinder wünsche. Vor allem, weil meine Mama dann noch relativ jung für eine Oma wäre und mich viel unterstützen kann. 

Im Frühling 2018, ich war 21 Jahre alt, war ich wie immer zur regelmäßigen Kontrolle bei meiner Frauenärztin. Habe mir wie gesagt noch keine Gedanken um eine Schwangerschaft gemacht - bis meine Ärztin das Gespräch anfing ... Sie fragte mich, ob ich ein Kinderwunsch hätte und als ich mit: "Ja, aber noch nicht jetzt" antwortete ging auch schon das Gespräch los: was alles zu beachten ist, wie es ablaufen würde, welches Krankenhaus in Berlin in frage kommen würde und das sie mir empfehle in den nächsten Jahren meine Familienplanung abzuschließen ... Ich war schockiert und habe das alles noch nicht so verstehen können. Sie empfiehl mir, bis ca. 25 Jahren mein Kinderwunsch abzuschließen. Zum einen, da Frauen mit 25 Jahren im perfekten alter (körperlich) für ein Kind sind und es sogleich nicht so viele Probleme mit dem Diabetes gäben würde. Ich war natürlich gleich in Panik - der Countdown in meinem Kopf ging los: noch 4 Jahre ...

Als ich dann im Auto auf dem Weg nach Hause saß kullerten mir die Tränen. Ich hatte tausend Gedanken im Kopf - Ich war zu dem Zeitpunkt noch in der Ausbildung und mein Freund studierte noch ein paar Jahre. Meine Mutter beruhigte mich sofort und meinte, dass ich mir um die Finanzen keine Sorgen machen bräuchte - sie würde uns immer unterstützen. Doch ist es das was man will? Aus gesundheitlichen gründen in den nächsten Jahren auf Krampf ein Kind bekommen und finanziell weiterhin von der Mutter abhängig sein? Für mich persönlich keine Option!

Ich hatte Angst das Thema bei meinem Freud anzusprechen, da er zu der Zeit selber mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte - ich wollte ihn nicht noch zusätzlich belasten ... Doch mir blieb ja keine andere Wahl - er nahm es leider nicht so gut auf - es folgten viele Tage an denen wir uns stritten. Er ist zwar der kinderfreundlichste Mensch den ich kenne und möchte später umbedingt eine Familie gründen, doch während eines Studiums Kinder bekommen? Kam für ihn nicht in Frage, auch wenn ich ggf. schon mit der Ausbildung fertig gewesen wäre und wir in der Eigentumswohnung seiner Eltern wohnen würden. Ich bin der Meinung, dass wir es finanziell hinbekommen hätten - wir haben zwar keine 100 m² große Wohnung, aber dafür vielleicht ein gesundes Kind. Wochenlang diskutieren wir immer wieder. Eine harte Belastungsprobe für unsere Beziehung und mit 21 Jahren kein einfaches Thema! Ich informierte mich in jeder freien Minute die ich hatte, was wir alles beachten müssen, was es für Risiken gibt und was ich alles machen muss, bevor wir ein Kind bekommen können. Ich wollte mich lieber jetzt schon mit dem Thema auseinandersetzten und am leiebsten jetzt schon alles vorbereiten. Meine Panik: erst später alles wichtige zu erfahren, was mich dann noch verrückter gemacht hätte und im schlimmstenfalls nicht mehr fruchtbar zu sein, eine Fehlgeburt oder ein nicht gesundes Kind zu bekommen. Ein Kind zu bekommen ist keine Entscheidung die man mal eben so trifft ... da muss man auch schonmal weiter denken und sich zusammenreißen!


Immer mehr, ohne es selbst zu bemerken, fiel ich in ein tiefes Loch. Das Thema zerriss mich und ich bekam im dem Moment nicht die gewünschte Unterstützung von meinem Freund. Ich fühlte mich mit dem Thema alleine gelassen. Es geht dabei nicht nur darum, was alles getan werden muss, damit das Kind gesund sein wird sondern auch was es für Risiken für die Schwangere gibt. Ein gesundes Kind ist natürlich Priorität Nr. 1 ! Jedoch spielt es auch eine Rolle, dass ich nicht umbedingt mein Augenlicht verliere möchte oder was man sonst so schreckliches im Internet lesen kann! Somit hat es nicht lange gedauert, bis ich mir einen Termin beim Diabetologen gemacht habe und das Thema mit ihm besprach. Wir redeten lange und legten die nächsten Schritte fest: meine Therapie anpassen, damit mein HbA1c-Wert sinkt. Danach auf Pumpe umstellen und ein CGM beantragen und vieles mehr.

Ich war Motiviert alles umzusetzen, jedoch kreise im meinem Kopf: sollte das meine Zukunft sein? Jetzt schon den Tag zu bestimmen, an dem wir ein Baby bekommen? Das wollte ich mir und vor allem meinem Freund nicht antuen. Ich tue nun alles, um bestmöglich vorbereitet zu sein! Ich möchte nicht, dass wir mit 28 Jahren feststellen, dass wir jetzt ein Baby bekommen möchten und uns dann erst Informieren und mit den erste notwendigen Schritten anfangen können. Ich kenne mich, bis mein HbA1c bzw. ich soweit bin, dauert es dann auch wieder ca. 2-3 Jahre :) Meine Wunschvorstellung war schon immer: dass wir beide eines Tages aufwachen und sagen, dass wir nun soweit sind. Doch dies scheint mir mit Diabetes in dem Moment nicht möglich und deswegen verschlug mich eine Depression.  

Wenn man im Internet etwas herumstöbert findet man viele Berichte von Frühgeburten. Also was tat ich? Ich sah mir fast jede existierende Doku darüber an. Ich bekam etwas Panik. Doch dann ... kam mein kleiner Cousin auf die Welt. Er wurde knapp 3 Monate vor dem errechneten Geburtstermin geholt. Ein Besuch auf der Intensivstation war undenkbar - dafür gibt es viele Auflagen. Doch meine Tante schaffte es, dass mein Freund und ich den kleinen Besuchen durften. Als ich den kleinen zum ersten Mal sag, blieb mein Herz stehen. Ein so kleines Baby, durch deren Haut man noch etwas durchsehen konnte, in dem Brutkasten, komplett verkabelt und die kleinste Windel der Welt war ihm dennoch viel zu groß. Im Flur der Station hingen Bilder von keinen Babys, die jetzt groß und stark sind  - Aber leider auch Kerzen für die kleinen, die es nicht geschafft haben. Und eine Ruhe auf der Station die einem das Gefühl gibt, dass selbst das bloße Atmen zu laut ist. Und im nächsten Moment die Ärzte, die panisch in einen Raum rennen ... das Gefühl auf solch einer Station für extreme Frühchen kann man sich nur schwer vorstellen. Als wir das Krankenhaus verließen flossen uns die Tränen. Was machte ich also wieder? Informierte mich bestimmt ein 3/4 Jahr nur über frühchen, die Risiken, mögliche Förderungen und und und ... Wir durften meinen Cousin ab und zu auf den Stationen besuchen - ganz besondere Momente für mich. Ihr müsst wissen: Ich habe auch eine ganz besondere Beziehung zu meiner Tante und zu meinem anderen Cousin und Cousine. Selbst mein Vater hat den kleinen noch nicht besuchen dürfen. 


Jetzt ist der kleine Mittlerweile 1 1/2 Jahre alt und hat sich so super entwickelt. Außer das er öfters mal ins Krankenhaus musste und jeden Tag inhalieren muss, merkt man nichts. MEIN KLEINER KÄMPFER! Ich kann Euch nicht sagen, wie viel Kraft er mir jedes Mal gibt. Er gab mir die Willenskraft zurück und das Gefühl, dass alles möglich ist. Ich hatte so viel Angst vor dem Thema und mittlerweile gar nicht mehr. Mein Freund und ich sind jedes Mal so verliebt in den kleinen. Wir sehen uns sehr regelmäßig und er gibt uns jedes Mal einen Energieschub und uns keinen Grund mehr jemals aufzugeben. Das Thema Kinderwunsch wurde von einem Tag auf den anderen wieder wunderschön für uns, trotz einer möglichen Frühgeburt - ich meine, ich habe nun das Wissen einer Expertin und der kleine gibt uns keinen Grund mehr das Thema negativ zu sehen! 

Jetzt sitzen wir hier, fast 25 Jahre alt, 6 Jahren Beziehung und haben keinen Zugzwang, fühlen uns nicht unter druck gesetzt und das liegt nicht nur an meinem Cousin:

Nach erneuten Gesprächen mit meiner Frauenärztin und meinem Diabetologen haben wir beschlossen: wir machen alles Schritt für Schritt! Erstmal kümmern wir uns um dem HbA1c. Er lag damals bei über 10,0 % - jetzt ist er schonmal bei 7,0 % - ein erster guter Schritt. CGM? Habe ich schon und bin total happy damit. Aktuell ist das Thema etwas abnehmen und eine Pumpe dran. Meine Ärzte und ich sind der Meinung, dass eine gute Vorsorge das A und O ist! Wir bereiten uns jetzt schonmal Stück für Stück vor, sodass wir auch in 3 Jahren oder 5 Jahren (HOFFENTLICH!) unbeschwert ein Kind erwarten können. Meisten ist ja das Problem, dass der Diabetes nicht gut eingestellt ist und es deswegen zu vielen Komplikationen kommen kann. 

Ich habe mich eine Zeit lang vieeeeeel zu verrückt gemacht - mir liegt halt sehr viel an dem Thema! Es gibt mittlerweile super viele Tolle Blogeinträge von anderen Diabetikerinnen die ein Kind bekommen haben - diese Helfen einem sich vorzubereiten und immer positiv zu bleiben. Ich kann Euch nur sagen: Aktuell bin ich einfach nur super glücklich mit der aktuellen Situation. Ich bin ausgelernt und mein Freund schreibt aktuell seine Bachlorarbeit. Wir können uns super gut vorstellen in ca. 3 Jahren ein Kind zu bekommen. Aber unter uns: wenn es passiert, dann passiert es 

Wie sieht Ihr es so? Habt Ihr schon Kinder und wenn ja, wie verlief es bei Euch? Habt Ihr euch auch eine Zeit so verrückt gemacht und habt Ihr ggf. ein paar Tipps?

Ich möchte hier nochmal ausdrücklich Erwähnen, dass ich hier nur von meine eigenen "Erfahrungen" (soweit ich welche machen konnte) und meinen Gesprächen mit meinen Ärzten berichte - bei jedem kann es anders sein!



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